2 O Gott, du bist mein Gott; früh suche ich dich! Meine Seele dürstet nach dir; mein Fleisch schmachtet nach dir in einem dürren, lechzenden Land ohne Wasser,...(Ps 63:2, Elb)
Wie wird unser Herz erquickt, wenn wir uns die Worte Davids zu eigen machen! Gibt es etwas Köstlicheres als den Ausruf: mein Gott? Können Engel mehr sagen? Frühe wache ich zu dir. Die meisten Neueren übersetzen: Ernstlich suche ich dich. Das Bewusstsein, ein Anrecht auf etwas zu haben, weckt das Verlangen, den Gegenstand nun auch wirklich ganz zu besitzen. Volle Gewissheit der Gemeinschaft mit Gott ist kein Hindernis für das ernstliche Trachten nach immer innigerer Verbindung mit ihm, ist vielmehr der kräftigste Ansporn dazu.
Wie kann ich den Gott eines andern suchen? Aber mit inbrünstigstem Verlangen suche ich den, von dem ich weiß, dass er mein ist. Wie ernstlich David Gott sucht, tritt besonders kräftig in der Übersetzung Luthers hervor: nicht bis zum Mittag oder bis zur kühlen Abendstunde will David warten, sondern mit dem Hahnenschrei ist er auf um seinem Gott zu begegnen. Die Gemeinschaft mit Gott ist ihm so köstlich, dass er darob die frostige Kälte der Morgendämmerung gar nicht empfindet und das bequeme Lager ohne Bedauern verlässt. Der Morgen ist die Zeit, da der erquickende Tau die ganze Natur belebt und die Leibes- und Seelenkräfte des Menschen am frischesten sind; darum weiht der Psalmsänger gerade diese Zeit dem Gebet und dem vertrauten Umgang mit Gott.
Die edelsten Menschen haben es sich meist zur Gewohnheit gemacht zu früher Stunde auf den Knien zu sein. Wer mit dem Morgengrauen den HERRN im Gebet sucht, der beweist eben damit seinen Ernst, und dies ernste Verlangen nach dem HERRN wird ihn den ganzen Tag, nicht nur in der Morgenstunde, beseelen. Solch heilige Triebe gehören zu den mächtigsten Einflüssen, die unser Innenleben erregen; daher der folgende Satz: Es dürstet meine Seele nach dir. Der Durst ist ein nicht zu beschwichtigendes Verlangen nach dem, was eins der wichtigsten Mittel zur Erhaltung unseres Lebens ist; man kann ihn nicht wegvernünfteln, nicht vergessen, nicht mit Verachtung abweisen, nicht durch stumpfe Gleichgültigkeit überwinden. Der Durst erzwingt sich Gehör; der ganze Mensch muss sich seiner Macht unterwerfen. Gerade so verhält es sich auch mit dem göttlichen Verlangen, welches die Gnade in dem Wiedergeborenen wirkt; nur Gott selber kann das Sehnen einer Seele stillen, die wirklich durch den heiligen Geist erweckt ist.
…
33 Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit! Und dies alles wird euch hinzugefügt werden.
34 So seid nun nicht besorgt um den morgigen Tag! Denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat an seinem Übel genug. (Mat 6:33, Elb)
(Charles Haddon Spurgeon)
Kommentare zu diesem Blogeintrag
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Blogeintrag.