Hallo Ihr Lieben,
beim Durchklicken durch die Profile fielen mir doch sehr viele Mitgliedschaften in "Kein Sex vor der Ehe"-Gruppen auf. Nun habe ich mich bezüglich dieser Haltung schon häufiger gefragt, was das mit dem Glauben zu tun haben soll. Ich möchte das einmal darlegen und mich dann auch gerne eines Besseren belehren lassen.
Der Glaube hat für mich etwas damit zu tun, wie ich mich in diese Welt einbringe, also sozusagen Gottes Wunsch an mich und wie ich mich auf Gott einlasse, was der Selbstreflexion meiner selbst in Hinblick auf das Göttliche in dieser Welt entspricht. Die Bibel gibt dazu Hinweise die typischerweise auf den Schreiber und dessen Zeit hin interpretiert werden müssen. Im Grundsatz habe ich bisher den Eindruck gehabt, dass es letztendlich darum geht, sich selber und anderen keinen Schaden zuzufügen. Diese Minimalinterpretation sollte der kleinste gemeinsame Nenner aller Christen sein. Auf der anderen Seite steht das Göttliche, was uns Lebewesen geschaffen hat und beeinflusst. In welcher Form dieser Prozess und stattfindet ist eigentlich erst einmal nebensächlich. Grundsätzlich ist der Mensch, wie alle anderen Tiere auch, in seinen Bedürfnissen und Eigenschaften aus seiner Körperlichkeit heraus nichts Schlechtes. Schlecht wird der Mensch nur dadurch, dass er das Göttliche in unserer Umwelt missachtet und anderen Schaden zufügt. Gott wird es vermutlich völlig egal sein, wer mit wem geschlafen hat, solange der Mensch Gottes Liebe im Herzen trägt und diese auch seinen Mitmenschen entgegenbringt. Vermutlich ist seine Frage diesbezüglich eher: Ist ja schön, dass Du verzichtet hast, aber was habe ich davon? Was haben Deine Mitmenschen davon? Wem hast Du damit gedient? Enthaltsamkeit ist aus meiner Sicht kein Selbstzweck und kein Dienst an Gott und der Welt.
Nun stellt sich mir die Frage: Was verbessert man dadurch, dass man enthaltsam lebt? Umgekehrte Frage: Was verschlechtert sich dadurch, dass man Zuneigung auch körperlich ausdrückt? Aus Sicht des Göttlichen würde ich behaupten, das ist völlig egal. Wenn zwei Menschen sich gerne haben und miteinander körperliche Nähe teilen möchten, dann ist das grundsätzlich nicht verwerflich, weil Gott uns so geschaffen hat. Wenn man möchte, dann können sich diese Menschen ja auch eine gegenseitige Treue auf Lebenszeit versprechen. Aber es schadet sicher niemandem, wenn sie es nicht tun. Die zweite Frage, also was verschlechtert sich, würde ich also mit einem grundsätzlichen "nichts" beantworten. Die Antwort auf die erste Frage fällt mir schwerer. Gäbe es etwas in meinem Leben, dass sich zum Positiven hin verändert hätte, wäre ich enthaltsam? Ich kann nichts entdecken. Im Gegenteil: Zu einer Beziehung zwischen zwei Menschen gehört auch körperliche Nähe. Insbesondere, wenn diese Beziehung auf Lebenszeit hin ausgerichtet ist, sollte dieser Aspekt in der Entscheidungsfindung Beachtung finden. Wenn es diesbezüglich zwischen zwei Menschen nicht klappt, dann führt das auf Dauer zu einem Unglück, dass für beide belastend ist. Ich würde daher sogar so weit gehen zu sagen, es ist riskant oder sogar für die Ehe schädlich wenn man damit wartet, bis man nichts mehr rückgängig machen kann.
Daher ergibt sich für mich eine weitere viel grundlegendere Frage: Warum ist diese Idee der Enthaltsamkeit überhaupt entstanden? Ohne das wirklich zu wissen -- ich sagte ja, ich lasse mich gerne eines Besseren belehren -- behaupte ich, dass es eine gesellschaftliche Norm ist, die darauf ausgelegt ist, insbesondere Frauen zu benachteiligen. Meine Annahme fußt auf der emotionalen Bedeutung des Wortes "Jungfrau". Dieser Begriff erzeugt im Kopf sofort das Bild eines unschuldigen jungen Mädchens, ggf. sogar im Zusammenhang mit einer leichten Naivität und Folgsamkeit. Einen Mann hat man beim Begriff "Jungfrau" erst nach kurzem Nachdenken im Kopf. Manchmal sogar mit einem leicht spöttischen Lächeln. Gesellschaftlich ist es viel eher akzeptiert, dass der Mann seine Sexualität auslebt, die Frau aber keusch zu bleiben hat. Das ist ungerecht und gereicht der Frau zum Nachteil. In manchen Kulturen geht dieses Verständnis sogar so weit, dass eine Frau, die "unkeusch" war, an "Wert verliert". Eine Vorstellung die sehr weit ab von dem Grundgedanken der Gleichwertigkeit aller Menschen abweicht und auch nicht christlich (wenngleich auch immer wieder mal von "Christen" vorgebracht) ist. Dem Mann wird dieser "Wertverlust" nicht zuteil.
Aufgrund dieser Vorüberlegungen spreche ich mich deutlich dafür aus, dass Menschen sich zu ihrer Sexualität bekennen, diese auch ausleben und erkunden und das, auch wenn die Suche nach dem einen Lebenspartner im Vordergrund steht, völlig ohne Schuldgefühle und unabhängig von antiquarischen oder patriarchalen Denkschemata. Sexualität ist Teil unseres Körpers, genau wie essen oder schlafen. Sich dieser zu erwehren und als etwas zu betrachten, dass den Körper verunreinigt oder Gott ungefällig ist, bedeutet nur, dass man irgendwann eine Distanz dazu entwickelt, die einen ungezwungenen Umgang damit nicht mehr zulässt und jede Beziehung dauerhaft belastet. Das fände ich tragisch und der Schönheit der Sache nicht angemessen.
So, nun bin ich mal gespannt, ob das überhaupt jemand liest, und ob es jemanden gibt, der meine Gedanken neu sortieren kann.
Herzliche Grüße
Andreas
Kommentare zu diesem Blogeintrag
Hallo Andreas,
zuerst mal vielen Dank für die ausführliche Darlegung Deiner Position zum Thema „Kein Sex vor der Ehe“ !
Es gibt für mich nun zwei grundlegende Herangehensweisen, die zu bedenken sind.
1. Ich gehe mit dem „Puls der Zeit“ und halte mich an den aktuellen Maßstab von Moral und Ethik.
Spätestens seit Ende des 18. Jahrhundert sehen wir ein starkes Hinterfragen aller bis dahin bestehenden Werte und Normen.
„Sehe jeder wo er bleibe, sehe jeder, wie er‘s treibe und wer steht, dass er nicht falle“ schrieb schon Goethe und bereitete damit das Denkschema des aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhunderts.
2. Als bibelgläubiger Christ schaue ich, ob und was die Bibel dazu sagt. Dort finde ich klare Hinweise für ein Leben nach Gottes Willen. Darin ist auch das Ausleben meiner von GOTT als meinem Schöpfer geschenkten Sexualität enthalten. Sie soll freudig ausgelebt und genossen werden allein in der Ehe als der von GOTT gestifteten Gemeinschaft.
In knappen Worten : Ehe ist von GOTT gestiftet und Schutzraum für glücklich ausgelebte Sexualität.
Bei allen Überlegungen muss meines Erachtens unbedingt die Anthropologie bedacht werden :
welches Menschenbild und welche Gottesvorstellung habe ich ?
Beanspruche ich für mich, Christ zu sein ?
Wenn ich zum Beispiel - wie ich es tatsächlich persönlich gemacht habe - Naturwissenschaften studiere, werde ich vom 1. Semester an die Gesetzmäßigkeiten der Chemie und Physik studieren, sie in Praktika im Labor bestätigt finden und sie als wichtige „Leitplanken“ erleben ... und auch was passiert, wenn ich sie außer acht lasse. Mir ist es einmal im Studium so ergangen, dass ich, und das als gelernter Laborant, wichtige Hinweise aus Zeitgründen missachtet habe und mich dabei fast selbst umgebracht habe. Wie gut, dass ich meinen Ansatz noch rechtzeitig in einen sicheren Schutzraum bringen konnte.
Das Ignorieren der Verfahrensvorschriften hätte mich möglicherweise mein Leben gekostet.
Das war mir - auch in meinem Leben als Christ - eine wichtige Lehre : ich kann nicht ungestraft Gottes Leitlinien für ein gesegnetes glückliches Leben außer acht lassen.
Corona ist ein aktuelles Beispiel. Jeder vernünftige Mensch versteht, dass die strikte Beachtung der Hygienevorschriften lebenswichtig sind. Ausgangsbeschränkungen sind zu beachten und werden durch die täglich steigenden Todeszahlen unterstrichen.
Gottes Regeln für das menschliche Miteinander sind Leitplanken zu unserem eigenen Schutz!
Sie zu missachten, ist lebensgefährlich und das nicht nur bezüglich Corona.
Deshalb gilt das auch für eine glücklich ausgelebte Sexualität : sie gehört in die von GOTT geschenkte Ehe !!
Die Folgen der Missachtung dieser Leitplanken sind überall in der Welt sichtbar.
Bitte überprüft meine Bewertung an den biblischen Aussagen und stellt euch dazu.
Gottes Segen auf Seinen Wegen ... Horst
Hallo lieber Horst,
nun, dann ist also der Grund für die Regel "Sex nur in der Ehe" aus heutiger Sicht also der Schutz vor Krankheiten? Das wäre für mich nur ein schwaches Argument, weil es viel mehr Krankheiten gibt, die einfach nur durch soziale Kontakte entstehen. Die sind ja außerhalb einer Ehe erlaubt.
Die Regeln der Bibel sind ja oft aus dem alten Testament heraus gegriffen. Als Christ fühle ich mich daran sowieso nicht gebunden. Jesus hat von den Menschen ja verlangt alles zu hinterfragen und darauf hin zu prüfen, ob eine Regel in der entsprechenden Situation dem Menschen dienlich ist. Da ich nun kein orthodoxer Jude sondern ein Christ bin, halte ich mich doch lieber an Jesu Regeln. Der hat aber gar nichts verbindliches zur Sexualität gesagt. Warum auch? Das geht ja nur die beiden etwas an, die Sex miteinander haben.
Warum ist also Sex außerhalb der Ehe eine Sünde? Weil es irgendwer einmal gesagt hat? Das kann es ja wohl nicht sein....
Beste Grüße
Andreas
Übrigens, das fällt mir jetzt gerade noch ein, das Hinterfragen von Werten und Normen finde ich immer und zu jedem Zeitpunkt gut und wichtig. Wie soll man sich denn sonst weiter entwickeln?
@netfox
paulus hat genug dazu gesagt. und wenn paulus das geschrieben hat, eingegeben vom heiligen Geist, dann hat es Gott gesagt.
Ich hab zweimal geheiratet. Einmal hab ich darauf gewartet, das andere mal nicht. Das erste mal hat Gott meinen gehorsam gesegnet, das zweite mal gab es keinen segen.
wenn du keine ahnung vom Wort Gottes hast, andreas, halt wenigstens deine klappe.
Schon lustig, wie viele Leute meinen, eigene Ideen vom Glauben deutlich über die kritische Auseinandersetzung mit den biblischen Texten stellen zu müssen.
Und auch Deine Antwort, aktion-er, gibt wieder keine Antwort auf die Frage, warum es für Gott so unglaublich wichtig sein soll. Deine Meinung in Ehren, aber es ist ebenso wie viele andere, übrigens auch meine, nur eine Meinung. Wer einen wahren Glauben, in Wortsinn, entwickelt möchte, der muss schon zulassen, dass das, was in der Bibel steht, auch nur eine Äußerung eines Menschen ist, auch wenn dieser Mensch Paulus ist. Wie sonst soll man sich Gottes Willen nähern, wenn man ihm nicht durch Reflexion und Analyse der Texte die Chance gibt, sich für einen zu offenbaren. Einfach nur wild Textstellen zu zitieren, nur weil sie den eigenen moralischen Maßstäben entsprechen, ist ja noch lange kein Glaube. Das ist einfach nur naiv und vor allem nicht in Jesu Sinne.
So, warum ist Gott jetzt also so unglaublich da hinterher, dass wir alle schön keusch bleiben, obwohl sich ein guter Mensch doch eigentlich durch seine guten Taten gegenüber anderen qualifizieren sollte und nicht darüber wann er mit wem Geschlechtsverkehr hat?
Btw. Ich kenne nun aber schon eine Menge Paare, die vor der Ehe Sex hatten und nach der Hochzeit immer noch glücklich waren. Also, daraus eine allgemeine Kausalität abzuleiten, halte ich für gewagt, auch wenn es mir Leid tut, dass Deine zweite Ehe unglücklich war.
"nach der hochzeit immer noch glücklich waren" oder den segen in allen bereichen zu haben ist ein unterschied. und der ist riesig.
du siehst nicht ins herz der menschen, Gott schon.
in meiner bibel steht, dass man menschen, die solches machen, was du "proklamierst" aus der gemeinde auscchliessen soll und den folterknechten übergeben, dass vielleicht noch wenigstens ihre seele gerettet wird.
gehst du in eine gemeinde?
also ich möchte mich für mein forsches statement ("klappe entschuldigen. im ersten moment war ich sehr betroffen und ich habe viel erfahrung mit dem thema. und es schmerzt mich, wenn sich christen dessen einfach nicht bewusst werden wollen, was es mit dem vor- und ausserehelichen verkehr auf sich hat.
die tiefe der liebe von Gott ist enorm. und alles, was schmerzt würde er uns gern ersparen. was sünde ist, zerstört uns, nicht ihn. hast du kinder? möchtest du nicht aus liebe zu den kindern jedes unglück fernhalten?
als ich jung war, hat mann oder frau selten aus neugier einfach mit jemand geschlafen (ich komme nicht aus einem christlichen elternhaus), sondern weil man total verknallt war. und dann wurde doch nichts aus der beziehung und der (trennungs)schmerz war herz-zerreissend. und dann gehts weiter... verletzte menschen verletzen menschen. wer den schmerz also nicht heilen lässt, wird den nächsten nicht mehr so stark spüren, den nächsten noch weniger.. abhärtung. das herz wird leerer und liebe spürt man nur noch selten. parallel dazu wird die lust öffentlich und auch noch gepriesen. fremdgehen als kavaliersdelikt. es kommt ja alles schleichend.
und irgendwann geht es nur noch um lust.
wenn du Gottes Geist in dieser hinsicht nicht in deinem herzen spürst und der dich nicht mehr davon überführen kann, dann hast du ihn vermutlich so gedämpft, dass er dich "deinem schicksal" überlässt. und glücklich wirst du nicht damit. die sünde ist am anfang süss, aber nachher bitter wie wermut... und führt zum tod. zuerst geistlich, dann seelisch und körperlich.
Witzig: Mein Gott würde niemanden ausschließen oder foltern. Mag ja sein, dass Du das in der Bibel liest, hat aber nichts mit Christentum zu tun.
Ja, und das ist auch völlig in Ordnung das eine Trennung weh tut. Sonst hätte es ja nicht bedeutet. Ob man nun vorher mit jemandem geschlafen hat, oder nicht, spielt dabei doch nur eine sehr untergeordnete Rolle. Ich hatte großen Liebeskummer wegen einer Frau, mit der ich nicht geschlafen habe, ich habe auch Trennungen erlebt, die deutlich weniger belastet haben, obwohl ich mit der Frau geschlafen haben.
Ob es nur um Lust geht, kann ja dann jeder für sich selber entscheiden. Die "Gemeinde" geht es übrigens einen feuchten Kehricht an, was ich in meinem Privatleben treibe. Wäre ja noch schöner, wenn mir da andere hineinreden würden....
Hallo Angelwing,
damit kann ich mich auch gut anfreunden. Ich finde Sexualität ist auch etwas sehr wichtiges. Was ich nicht gut finde ist, aus biblischen Texten Handlungsanweisungen abzuleiten mit dem Hintergedanken, dass es Gott automatisch gefällt, wenn man sich so oder so verhält. Das Leben ist da doch ein wenig komplexer. Und wie Du schon sagtest: Jeder Mensch hat da seine eigenen Vorstellungen und Wünsche. Solange man mit diesen niemand anderem schadet, sollte das aber auch im Ermessen des einzelnen liegen, was für einen gut oder nicht gut ist.